24. November 2021

Nägelkauen abgewöhnen?

Nägelkauen abgewöhnen?

Erfahren Sie wie man die lästige Gewohnheit loswerden kann.

Viele tun es. Fast alle schämen sich dafür. Manche werden deshalb sogar gehänselt. Je nach Studie beissen etwa 30 bis 64 von 100 Erwachsenen mindestens einmal im Monat ihre Nägel.

Meist beginnt das Nägelkauen im Alter von drei bis vier Jahren. Schätzungsweise eines von fünf Kindern hat diese Angewohnheit. In der Pubertät werden es mehr, dann beissen sogar etwa 45 Prozent der Teenager regelmässig an ihren Nägeln. Viele legen diese Gewohnheit aber wieder ab, wenn sie älter werden.
 

Ursachen für Nägel kauen

Die häufigsten Gründe sind oft Langeweile oder innere Anspannung. Langeweile war in einer Umfrage der häufigste Anlass fürs Nägelkauen.

Auch Stress, Anspannung und Frust führen oftmals dazu. Das Nägelkauen lindert diese unangenehmen Gefühle, und das ist der Grund, weshalb es in der nächsten, ähnlichen Situation wieder gemacht wird. Typisch ist, dass es zeitweise stärker und schwächer wird, je nach psychischer Belastung. Oft sind den Betroffenen diese Zusammenhänge aber gar nicht so bewusst.

Auch genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Denn eineiige Zwillinge kauen doppelt so häufig Nägel wie zweieiige Zwillinge, die sich genetisch stärker voneinander unterscheiden. Eine Vorbildfunktion haben auch die Eltern: Kauen sie selbst Nägel, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder dies ebenfalls tun werden, rund viermal höher. Vermutlich sind auch daran genetische Faktoren beteiligt.

 

Die Krankheit Onychophagie

Bei etwa drei von 100 Erwachsenen wird der Drang, die Nägel zu kauen, unwiderstehlich. «Onychophagie» nennen Ärzte diese Erkrankung, die zu den «körperbezogenen repetitiven Verhaltensweisen» zählt und als psychische Erkrankung eingestuft wird. Auch der Drang, an Pickeln herumzudrücken oder sich immer wieder in die Wange zu beissen, fällt in diese Kategorie. Aus Scham sprechen nur die wenigsten das Nägelkauen von sich aus beim Arztbesuch an.

 

Entzündungen und Infektionen rund um den Nagel

Bei ausgeprägtem Nägelkauen werden nicht nur die Nägel unschön kurz und kürzer. Sie können auch bleibende Schäden davontragen, wenn das Nagelbett geschädigt wird. Überdies kommt es gehäuft zu sehr schmerzhaften Infektionen rings um die Nägel, weil beim Nägelkauen oft Verletzungen entstehen, die mikrobiellen Erregern als Eintrittspforten dienen. Dazu zählen unter anderem Viren, die Warzen verursachen. Auch im Mund hinterlässt das Nägelkauen Spuren: Einerseits, weil über die (unsauberen) Nägel mehr Fäkalbakterien in die Mundhöhle gelangen. Andererseits, weil der häufige Druck, der mit den Zähnen auf die Nägel ausgeübt wird, zu Zahnschäden führen kann, vor allem an den Rändern der Schneidezähne.
 

Nägel kauen abgewöhnen

Der Weg zu schönen, langen Nägeln ist in drei Schritten erreichbar:

  1. Erstens die Situationen und Faktoren reduzieren, bei denen es zum Nägelkauen kommt.
  2. Zweitens das Nägelkauen erschweren.
  3. Und drittens all das abstellen, was das Verhalten fördert.

Es geht nicht darum, die Gewohnheit zu unterdrücken, sondern sie durch etwas anderes, weniger Schädliches, zu ersetzen. Damit das klappt, muss dem oder der Betroffenen aber zuerst bewusstwerden, wie oft er oder sie Nägel kaut, wann es passiert und welchem Zweck es dient: Langeweile abbauen? Stress reduzieren? Weil es angenehm ist? …

 

Tagebuch führen

Oft geschieht das Nägelkauen ohne es so richtig wahrzunehmen. Deshalb ist es sinnvoll, ein Tagebuch zu führen. Dort trägt man ein, wann, wie lange und warum man es getan hat. Mit der Zeit lassen sich meist bestimmte Muster erkennen – und auch, ob es weniger wird.

Die zu erlernende Kunst ist, zu bemerken, dass man Nägel kauen möchte und dann so lange etwas Anderes zu machen, bis der Drang vorüber ist, beispielsweise die Hand zur Faust zu ballen, mit einem Taschenspielzeug zu spielen oder sich anderweitig abzulenken.

Wer zum Beispiel vor allem beim Krimi schauen Nägel kaut, kann versuchen, den TV-Konsum zu reduzieren oder andere TV-Sendungen zu wählen, bei denen er nicht zum Nägel kauen neigt. Wer aus Langeweile Nägel kaut, schafft Abhilfe, indem er dann Ablenkungen sucht. Wer Nägel kaut, weil irgendwelche störenden, kleinen Ecken oder Kanten vorstehen, beugt mit regelmässiger Maniküre vor. Ein Zettel am Kühlschrank, ein Armband, ein Ring oder sonst ein Gegenstand kann als stete Erinnerungshilfe dienen

 

Kaugummi, bitterer Lack oder Handschuhe helfen

Erschwert wird die Gewohnheit mit einer «Barriere». Das können zum Beispiel Handschuhe sein, spezielle, bitter schmeckende Nagellacke, Kaugummi kauen oder auf einem Zahnstocher herum zu kauen anstatt auf den Nägeln.

Ein guter Trick ist auch, einen Finger vorübergehend zu bandagieren oder zu pflastern. So kann der Nagel dort wachsen. Dieser sichtbare Erfolg spornt an. Auch schöne künstliche Nägel können
die Betroffene motivieren – und die eigenen Nägel darunter haben dann Zeit, um nachzuwachsen.

Überhaupt sollte die Belohnung nicht zu kurz kommen, seien es Lob und Unterstützung von anderen oder Schönes, das man sich selbst gönnt. Allmählich kann man die zu erreichenden Ziele höher stecken: Einen Tag lang nicht Nägel kauen, eine Woche, zwei Wochen … und dann gibt es die Belohnung.

 

Verhaltenstherapie und Medikamente

Wer es alleine nicht schafft, sollte sich nicht scheuen, Hilfe zu holen, zum Beispiel bei einer Psychotherapeutin. In manchen Fällen sind auch antidepressiv wirkende Medikamente eine Hilfe, weil sie das zwanghafte Verhalten reduzieren können.

Der Wirkstoff N-Acetylcystein schien bei Kindern ebenfalls zu helfen, allerdings ist er nicht gegen das Nägelkauen zugelassen und es ist auch nicht klar, wie diese Wirkung zustande kommt. Wer es trotzdem ausprobieren möchte, sollte vorher mit seiner Hausärztin oder Apothekerin sprechen.

 

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